Nach 21 Jahren als Stellvertreter ist Bernd Neumann ab morgen Chef der Lübecker Brandschützer – Gleiche Leistung mit weniger Kraft ist das erklärte Ziel.
Genau 21 Jahre lang war Bernd Neumann stellvertretender Bereichsleiter der Lübecker Feuerwehr. Ab morgen ist er der neue Chef. Und der Leiter Stabstelle. Und der des Rettungsdienstes. Auch seinen alten Posten wird er nicht so ganz los: Erst in neun Monaten soll die Stelle des Stellvertreters neu besetzt werden. „Bis dahin werde ich von den Mitarbeitern getragen, die alle einen Spagat machen“, sagt der neue oberste Brandschützer Lübecks. Noch im Februar hatte es so ausgesehen, als würde die Lübecker Feuerwehr bald ohne Chef dastehen. Die Stadt hatte die Stelle von Oliver Bäth, der sich nach 16 Jahren in den Ruhestand verabschiedete, nicht ausgeschrieben. Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) verwies auf die neunmonatige Wiederbesetzungssperre wegen der Haushaltskonsolidierung. Die Sperre wurde auf den Stellvertreterposten übertragen.
„Wir genießen Ansehen bei der Bevölkerung.“
Bis dahin ist Neumann beides: der Chef und sein Stellvertreter. Gut sechs Monate dauert das Gewinnungsverfahren für den richtigen Vertreter. „Aus Lübeck kann derjenige außerdem auch nicht kommen, hier hat keiner die Ausbildung dazu“, so Neumann. Gleich zu Beginn wird es für ihn als Feuerwehrchef also spannend. „Ich freue mich darauf, aber es wird eine Durststrecke“, sagt der 55-Jährige. Auch wenn die Aufgaben im Büro mal liegenbleiben könnten, „im Einsatzdienst wird man die Schwierigkeiten nicht merken, denn die Einsätze haben absolute Priorität“, betont Neumann.
Wer genau hinhört merkt, dass der neue Feuerwehrchef kein Ur-Lübecker ist. „Ich bin eigentlich Berliner, da habe ich auch studiert“, verrät der Diplomchemiker. „Ich wollte unbedingt in Berlin bleiben – wie man sieht, hat das super geklappt“, scherzt er. 1993 kam Neumann zur Feuerwehr. „Am wissenschaftlichen Ende der Chemie wollte ich nie sein“, so der 55-Jährige. Zwei Jahre dauerte die Ausbildung im höheren feuerwehrtechnischen Dienst. Eine Station in der Ausbildung: die Hansestadt.
„Lübeck gefiel mir gut, und deshalb bin ich hier hängengeblieben“, sagt der neue Feuerwehrchef mit einem Augenzwinkern. So wurde er am 1. August vor 21 Jahren stellvertretender Bereichsleiter. Aus Feuerwehrsicht sei die Hansestadt groß. „Vier Wachen, Taucher, Wasseranschluss – und trotzdem noch so klein, dass man alle persönlich kennt. Das mag ich.“
Die Feuerwehr will er nicht umkrempeln. „Wir haben eng zusammengearbeitet, schon jetzt passieren Dinge, die ich mit auf den Weg bringen durfte. Was wir bisher gemacht haben, war erfolgreich“, sagt Neumann.
Und erfolgreich soll die Feuerwehr auch bleiben. „Wir genießen ein unglaublich hohes Ansehen bei der Bevölkerung, aber das müssen wir uns auch verdienen“, weiß der Vater von zwei Kindern. Die Feuerwehr sei ein Traditionsunternehmen. „Fast familiär – und es bleibt Handarbeit; die Menschen kann man nicht ersetzen.“ Besonders deshalb sei es spannend, den Betrieb durch eine Zeit zu führen, die auf Wirtschaftlichkeit aus ist. „Nach wie vor sind wir die einzige Behörde, die rund um die Uhr erreichbar ist und zehn Leute in zehn Minuten zum Hausbesuch schickt. Das zu halten, ist ein hohes Ziel – aber auch eine feine Sache“, so der Feuerwehrchef.
Ausruhen werden sich die Lübecker Brandbekämpfer unter Neumann nicht. „Im Rettungsdienst wird es eine Qualitätssteigerung geben, was das Know-how der Mitarbeiter angeht“, verrät er. Die Notfallsanitäterschule wurde gerade gegründet. Im Bereich Brandschutz soll ein wirtschaftliches Gutachten durchgesetzt werden. „Was wir davon umsetzen, wird aber erst geprüft“, sagt Neumann bestimmt.
Auf sein Team und ihn wartet also eine spannende Zeit.